Kölner Design Preis Toby E. Rodes Award 2020
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Epidemic Geographies
From Infographics to Cartography

Die Abschlussarbeit „Epidemic Geographies – From Infographics to Cartography“ wurde im Fachbereich Designtheorie- und forschung von Prof. Dr. Carolin Höfler und Prof. Dr. Lasse Scherffig betreut. Sie ist zu gleichen Teilen in aktuellen Theorien der Stadtforschung und explorativen Methoden der Designforschung und des Speculative Design verankert. Sie umfasst eine umfangreiche theoretische Arbeit, sowie zwei Videoarbeiten und eine AR-Anwendung. Die Arbeit ist eine Reaktion auf die globale Covid-19 Pandemie, die Medienberichte, das öffentliche Leben und persönliche Erfahrungen in der ‚Quarantänegesellschaft‘ der letzten Monaten dominiert. Sie ist aber auch ein Test, ein sehr persönlicher Test. Sich auf aktuelle Bedingungen und Ereignisse zu konzentrieren, ermöglicht die Perspektive von vertrauten Kontexten auf unbekannte Umgebungen zu verlagern. Es erlaubt zu erproben, ob die Themen des Studiums abseits von selbstreferentiellen Arbeiten auf einen aktuellen und realen Kontext übertragen werden können. Sie fragt damit auch wie es möglich ist, eine Situation zu analysieren, die sich täglich zu ändern scheint: Wie produziert man Wissen, wie ermöglicht man Orientierung in Zeiten des Wandels? In zwei Teilen untersucht die Arbeit wie die aktuelle covid-19 Pandemie zu einer Reorganisierung des urbanen Raums führt. Dafür werden vor allem die kartografischen Darstellungen der Pandemie untersucht und zwei unterschiedliche Modelle – der südkoreanische und der europäische Ansatz – der Kontaktverfolgung gegenüber gestellt.

In der Pandemie streben viele Staaten danach, ihre Effizienz bei der Kontaktverfolgung durch den Einsatz von Smartphoneanwendungen zu steigern. Dieser allgemeine Ansatz der Ermittlung von Kontaktpersonen erwies sich bereits sehr früh für Südkorea als erfolgreich, so dass dort Ausgangssperren kurz nach Inkrafttreten gelockert werden konnten. Durch die Erfassung von GPS-Daten konnten die zuständigen Behörden nicht nur die geografischen Positionen infizierter Personen zurückzuverfolgen, sondern diese auch in öffentliche ‚epidemische Karten‘ einzeichnen. Die Abschlussarbeit „Epidemic Geographies“ untersucht zunächst wie dieser auf Geodaten basierende Ansatz der Kontaktverfolgung zu einer präventiven Eindämmung der Pandemie beiträgt. Dafür werden eben diese Daten die die südkoreanische Regierung öffentlich zur Verfügung stellt in einer Zweikanal-Videoarbeit mithilfe von 3D-Animationen visualisiert. Es zeigt sich, dass die südkoreanischen Kartografien infizierter Personen zu einer Aufteilung der Stadt in mehr und weniger infizierte Bereiche führt. Unter Bezugnahme auf aktuelle Theorien der Stadtforschung wird argumentiert, dass die Pandemie damit zu einer dynamischen Aufteilung der Stadt in immer kleinere ‚urbane Territorien‘ beiträgt. Wird dieses Phänomen zur Zeit vor allem in Bezug auf wirtschaftliche Akteure der Plattformökonomie wie z.B. Uber oder AirBnB diskutiert, zeigt sich, dass die Pandemie eine sehr verwandte rechtliche Neuorganisation des urbanen Raums hervorbringt, indem beispielsweise einzelne Straßen individuelle Gesetzeslagen von Ausgangssperren und Maskenpflicht haben.

2020 © Finn Steffens. Alle Rechte vorbehalten.

Im zweiten Teil wendet sich die Arbeit der Bluetooth-basierten Kontaktverfolgung zu, wie sie z.B. in Deutschland angewendet wird. Hier wird nicht die Position von Personen erfasst, sondern ihre Relation zu anderen Personen, die die App nutzen. Während das südkoreanische Modell die Kontaktprävention durch die öffentliche Kartierung von infizierten Personen erleichtert, verzichtet der Bluetooth-basierte Ansatz auf kartographischen Ambitionen und somit auch auf präventive Maßnahmen. Können auch für dieses Modell der Kontaktverfolgung kartografische Modelle produktiv gemacht werden, die ebenfalls einen proaktiven und präventiven Ansatz zur Eindämmung der Pandemie ermöglichen? In einer spekulativen Augmened Reality Anwendung wurde eine solche relationale epidemische Kartografie konzipiert, die hypothetisch Teil der „Corona-Warn-App“ sein könnte. Die Erstellung dieser Karten ist jedoch nicht nur dazu gedacht produktive Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu konzipieren: Es ist auch ein Mittel, um genau diesen Ansatz zur Diskussion zu stellen, zu hinterfragen und zu kritisieren. In diesem Sinne ist diese Kartografie anhand der Methodik des spekulativen Designs zu verstehen, das seine Stärke vor allem in der Ambiguität zwischen Produktivität und Fragwürdigkeit sucht: Die Karte selbst sagt nicht aus, in welche Richtung sie sich neigt. Ziel dieser Arbeit ist es also nicht, ein Urteil zu fällen, sondern eine Debatte sowohl über Methoden der Pandemiebekämpfung als auch ihrer kartografischen Darstellung zu provozieren.

In einer installativen Ausstellung stellen zwei Video Arbeiten beide Ansätze der Kontaktverfolgung gegenüber. Die AR-Anwendung der bluetooth-basierten Kartografie können Besuchende auf ihrem Smartphone ausprobieren und ihre sozialen Implikationen selbst erproben.

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Finn Steffens
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